In Venedig wurden zwei Biopics gezeigt: “Maestro” von Bradley Cooper und “Priscilla” von Sofia Coppola. Beide Produktionen sind opulent inszenierte Filme, die auf ein breites Publikum abzielen und häufig mit den begehrten Oscars der Academy Awards belohnt werden. In beiden Werken haben die Hauptfiguren eine enge Verbindung zur Musik, doch überraschenderweise ist diese auf der Leinwand kaum zu hören.
Die Biografie des bekannten Dirigenten und Komponisten Leonard Bernstein sollte ursprünglich von Steven Spielberg und Martin Scorsese verfilmt werden. Jedoch wurde der Film über den Maestro von Bradley Cooper realisiert, der auch die Hauptrolle darin spielte, während Spielberg und Scorsese als Produzenten fungierten. Um sein Aussehen zu verändern, arbeiteten Make-up-Künstler intensiv an Cooper, einschließlich einer aufgesetzten und fast grotesken jüdischen Nase, wofür die Produktion in der Presse lange vor seiner Premiere in Venedig kritisiert wurde.
Das Leben des Komponisten wird von seinem improvisierten Debüt als Leiter des New York Philharmonic Orchestra im November 1943 bis zur Krankheit seiner Ehefrau Felicia Montealegre in den späten 1970er-Jahren gezeigt. All die chaotisch erzählten Ereignisse werden von späten Interviews mit dem Komponisten umrahmt, mit denen der Film beginnt und endet. Von Anfang an wird klar, dass Bernstein die Gesellschaft von Männern bevorzugt und sogar während seiner Ehe mit Montealegre weiterhin Affären mit Männern hatte. Der Fokus des Films liegt hauptsächlich auf diesen persönlichen Beziehungsaspekten, während Bernsteins Karriere und sein Werk am Rande behandelt werden. Man möchte Cooper fragen: “Warum wird in Ihrem Film der Musik von Leonard Bernstein, dem Komponisten und Musiker, so wenig Aufmerksamkeit geschenkt? Sollte man nicht seinem Talent Tribut zollen?” Aber aufgrund des Hollywood-Schauspieler- und Drehbuchautorenstreiks kam Cooper nicht nach Venedig. Bernsteins Tochter, Jamie, die bei der Premiere in Venedig anwesend war, schien mit dem Film jedoch zufrieden und vielleicht damit, dass am Ende des Films fast vollständig Bernsteins “Messe” zu hören ist. Auch die erfolgreiche schauspielerische Karriere von Montealegre wird in dem Film kaum erwähnt. Im 21. Jahrhundert gelang es Cooper, einen erstaunlich patriarchalischen Film zu drehen, in dem Liebe und Untreue des Ehemanns sowie das Bild einer leidenden Mutter und Ehefrau im Mittelpunkt stehen.
Im vergangenen Jahr erzählte uns Elvis Presleys Manager in Baz Luhrmanns Film von Elvis’ Leben. Dieses Mal tritt seine Ehefrau Priscilla auf die Bühne, und in dem nach ihr benannten Film geht es um das Leiden eines jungen Mädchens, das sich in den Kultsänger verliebt. Der Film beginnt 1959 in Deutschland, wo amerikanische Truppen stationiert sind und der junge Elvis seinen Dienst absolviert. Seine Lieder sind bereits Hits, ganz Amerika hört sie. Auch Elvis’ zukünftige Frau, Priscilla, kam nach Deutschland, zusammen mit ihrem Vater, der im amerikanischen Militär diente. Eines Tages spricht ein Fremder die 14-jährige Priscilla in einem Café an und lädt sie zu einer Party ein, auf der sie Elvis trifft. Ihre jugendliche Schüchternheit verzaubert den 24-jährigen Sänger. Ihre platonische Romanze, die auf Briefen und Telefonaten basiert, dauert einige Jahre. Dann wird Priscilla eingeladen, bei Elvis in Graceland, zu leben. Hier bleibt die junge Frau in quälender Erwartung der unverhofften Rückkehr von Elvis nach Hause und besucht in ihren Pausen eine katholische Mädchenschule. Ihre Hochzeit findet 1967 statt, aber nach sechs Jahren folgt die Scheidung.
Es scheint, als hätte Regisseurin Sofia Coppola nicht allzu viel Freiheit bei der Neuinterpretation dieser Geschichte gehabt hätte. Der Film basiert ausschließlich auf Priscillas Biografie “Elvis and Me” und die Elvis‘ Ex-Frau Elvis übernahm ebenfalls die Produktion des Films. Bei der Premiere in Venedig verhielt sie sich auffällig zurückhaltend (oder sollte man sagen, würdevoll?). Aufgrund der Tatsache, dass der Film doch nicht von Elvis Presley handelt, hören wir seine Musik fast gar nicht. Stattdessen sehen wir ständig das kleine Priscilla, die unter Einsamkeit leidet und ihre Tage in Erwartung ihres Geliebten verbringt. Aber wenn er nach Hause kommt, erwartet das Mädchen keine leidenschaftlichen Liebesbekundungen, sondern nur liebevolle Gespräche und kindliches Spiel. Sofia Coppola setzt in diesem Film ihr bevorzugtes Thema des “Erwachsenwerdens” fort. Ein früherer Film von ihr handelte von Marie Antoinette, die auch einen “König” heiratete. Aber es scheint, dass die österreichische Prinzessin mehr Spaß am Leben hatte als Priscilla, auch wenn sie einen viel höheren Preis für ihre Vergnügungen bezahlen musste. Im Vergleich dazu wirkt Priscillas Abschied von Elvis unter dem klingenden Soundtrack von “I Will Always Love You” fast wie ein glückliches Ende.