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Im Fokus der Aufmerksamkeit im vergangenen Jahr standen zwei Filme, die die Gemüter erhitzten: die romantische Komödie “Barbie” und das biografische Drama “Oppenheimer”. Beide Streifen haben sich Nominierungen für die begehrten Oscars gesichert, und die Spannung steigt, bis am 11. März die Gewinner bekannt gegeben werden.

Im ersten Film wird die Lebensgeschichte des berühmten Physikers Robert Oppenheimer erzählt, einem der maßgeblichen Teilnehmer am Los Alamos Laboratorium des Manhattan-Projekts, inszeniert von Christopher Nolan. Der andere Film von Greta Gerwig haucht der legendären Barbie-Puppe Leben ein, indem sie in die Welt der Menschen eintaucht. Der Erfolg beider Filme scheint entweder auf aktiven Werbekampagnen zu beruhen oder darauf, dass unsere moderne Welt primitiver geworden ist und Filme wie diese zum Publikumsmagnet werden.

In “Oppenheimer” jongliert die Handlung mühelos zwischen Vergangenheit und Zukunft. Vor der düsteren Kulisse von Laboren und grauen Landschaften werden lebendige biografische Fragmente aus dem Leben des Physikers präsentiert. Wir sehen das Genie zuerst als Studenten an der Universität Göteborg und später als angesehenen Professor an der renommierten Berkeley University. Der Film geht auch nicht zimperlich mit den persönlichen Angelegenheiten des Hauptcharakters um – von seinen Liebesaffären über seine Untreue als Ehemann bis hin zu seiner Gleichgültigkeit als Vater. Während Ereignissen wie dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, stehen die Verhörszenen von Oppenheimer durch amerikanische Geheimdienste im Rampenlicht. Dadurch entsteht der Eindruck, dass selbst die kleinsten Ereignisse im Leben eines Genies bedeutungsvoller sind als die Tragödie Tausender gewöhnlicher Menschenleben.

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“Oppenheimer” Film still © Universal Pictures

Der Höhepunkt dieses stark ideologischen und typisch Hollywood-glamourösen Films ist zweifellos das beeindruckende Schauspiel von Cillian Murphy, der die Rolle eines Charakters mit psychischen Problemen meisterhaft verkörpert.

“Oppenheimer” steht als perfekte Antithese zu “Barbie”. Während im ersten Film offensichtlich an der Entwicklung weiblicher Charaktere gespart wird: Die Ehefrau des Physikers kommt im gesamten Film kaum eine Viertelstunde lang vor und seine Liebhaberin Jean Tatlock wird noch weniger Zeit gewidmet, dafür wird sie größtenteils nackt gezeigt. Im Gegenteil dazu werden in “Barbie” weibliche Puppen in ihrer ganzen Schönheit entfaltet. Jede von ihnen hat sogar ihren eigenen Ken, dessen einziger Lebenszweck es ist, darauf zu warten, wenn die Blondine oder Brunette ihn bemerkt. Eines Tages beginnt die typische Barbie vage Angst zu spüren, über den Tod nachzudenken, und ihr ballettartig gewölbtes Bein leidet unter Plattfüßen. Auf der Suche nach der Wahrheit begibt sie sich in die Welt der Menschen. 

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Barbie Film Still © Warner Bros.

Barbie-Film wird im Westen zu einer Art Symbol für Feminismus und Unabhängigkeit für Frauen stilisiert. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine einfache Coming-of-Age-Geschichte, die in einer übertrieben simplen Sprache erzählt wird, als ob die Zeitgenossen deutlich einfacher gestrickt wären.  

Barbie-Land stellt eine sichere, geschützte Welt der Kindheit dar, aber mit dem zunehmenden Alter entdeckt die Puppe ein neues gefährliches Leben, in dem Frauen in einem Patriarchat leben und erfolglos um ihre Rechte kämpfen. Natürlich endet eine unterhaltsame Geschichte, zu welche auch Barbie gehört, mit Happy End, weil das Hauptziel eines solchen Kinos ist, den Zuschauer zu unterhalten. Hollywood setzt auf das Massenpublikum, das Einnahmen in die Kassen bringt. Intellektuelle Zuschauer sollten ihre Befriedigung lieber in den Produktionen wie “Poor Things” suchen, wo der Prozess des Erwachsenwerdens einer Frau sowie Behauptung ihrer Unabhängigkeit etwas Fantasie und Hirnarbeit erfordert. Und anstatt Oppenheimer sollten diese Zuschauer lieber den Film “Perfect Days” von Wim Wenders ansehen, wo die Lebensphilosophie einen aufmerksameren Blick und tiefere Kenntnisse der Welt erfordert.

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