Der französischer Regisseur Leos Carax war schon immer für seine mutigen Projekte bekannt. In den 1980er-Jahren hat er zusammen mit Jean-Jacques Beineix und Luc Besson die französische Filmszene sowie die cineastische Strömung „Cinéma du look“ geprägt. Diesmal hat er seine Fans lange warten lassen: Denn sein letzte Spielfilm entstand im Jahre 1999 und die neueste Produktion wurde erst 2011 gedreht. „Holy Motors“ ist ein seltsamer Film,  extravagant und glanzvoll! Vielleicht war er deshalb auch so erfolgreich während der diesjährigen Premiere auf dem Cannes Film Festival. Es sieht wohl so aus, als habe unsere übersättigte Gesellschaft auf so einen Film gewartet, der einen Tag im Leben eines verrückten Mannes in der modernen verschobenen Welt von Sonnenaufgang bis tief in die Nacht verfolgt. Und gerade dieses weit über die alltägliche Normalität gehende Experiment hat die Kritiker und Profis so euphorisch gestimmt, dass sie nun davon schwärmen, dass bei solchen Filmen das Kino wieder wahre Größe zeigt und auch davon, dass dieses Medium sein Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft hat.

Während der knappen 115 Minuten gelingt es einem gewissen Monsieur Oscar, dessen Persönlichkeit wir nur schwer nachvollziehen können, eine Reise an das Ende des Menschenmöglichen zu machen.  Er wird mit einer Stretchlimousine durch ein irreales Paris gefahren und gibt sich während seiner Reise mal als Industriekapitän aus, ein anderes mal als Killer, Bettler, Monster und sogar als Familienvater. Während er schnell von einem Leben ins nächste schweift, erscheinen ihm auf seinem seltsamen Weg attraktive Begleiterinnen – bekannte Stars der Kinoszene beziehungsweise Unterhaltungsindustrie wie etwa Eva Mendes oder Kylie Minogue – die jedoch im Film ähnlich seltsame Kreaturen verkörpern.

Sie treten als Phantome seines Lebens auf und können manchen unerfahrenen Zuschauer mit ihren Auftritten eventuell noch mehr verwirren. Denn das Leben und die Herkunft des Protagonisten bleiben bis zuletzt genau wie der Sinn der Geschichte ebenso im Dunklen wie sie es auch schon am Anfang waren. Darin muss wohl die Schönheit eines zeitgenössischen Kunstwerks liegen: Nicht nach dem Sinn zu suchen, sondern ihn selbst zu erschaffen.

Erst vor kurzem haben wir seltsame Verwandlungen der Pariser Nachtszene in „The Midnight in Paris“ bei Woody Allen gesehen. Wir kennen auch schon eine nüchtern konstruierte Geschichte eines Limousinenreisenden aus „Cosmopolis“ von David Cronenberg. „Holy Motors“ sprengt den Rahmen der erwähnten Film weit. Carax scheint sich hier überhaupt nicht für eine nachvollziehbare Erzählung zu interessieren, sondern erreicht mit seinem ständigen Genrewechsel – vom Musical über Thriller bis hin zum Liebesdrama – eine wahre cineastische Achterbahnfahrt.

Im Kino: 30.08.2012
Holy Motors ( Frankreich | Deutschland, 115 Min., Drama, 2012)
Regie: Leos Carax  Mit: Denis Lavant, Edith Scob, Eva Mendes, Kylie Minogue

http://youtu.be/iyKyxxGeA1U

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