Mein geräumiges Zimmer im kolonialen Hotel Forte Kochi befindet sich im historischen Haus des jüdischen Händlers Shabdai Samuel Koder. Diesem Kaufmann und Einwohner der Stadt Kochi gehörten im 19. Jahrhundert mehrere Häuser in dieser Gegend. Aber dieses Gebäude im warmen Gelbton, mit gotischen Fenstern, farbigem Glas, Holzsäulen und Sparren sowie gemusterten Fliesen in den Zimmern, ist nahezu original erhalten. Fort Kochi ist ja hauptsächlich sehr bekannt für diese kolonialen Häuser, die sich heute – bis auf wenige Ausnahmen – im Privatbesitz befinden.
Im kleinen Innenhof von Forte Kochi, in dem sich der Pool und das Café befinden, gibt es einen alten Brunnen. Daraus wird immer noch das Trinkwasser geschöpft. Hinter einer grünen Hecke ist eine Mikwe – ein Bad zur rituellen Reinigung im Judentum – versteckt. Ohne den freundlichen Concierge wäre es mir kaum aufgefallen. Derselbe Angestellter berichtet darüber, wie er eines Tages eine Gruppe von Leuten vor den Hoteltüren sah. Sie standen bloß da und starrten auf den Hoteleingang. Darauf bot er Hilfe an. Obwohl sie wie Ausländer ausgesehen haben, baten sie ihn in akzentfreiem Malayalam darum, das Gelände betreten zu dürfen. Dort erzählten sie ihm eine Geschichte über ihren Vater und Großvater Samuel Koder, über ihre Kindheit in diesen Gemäuern sowie darüber, wie sie in der Umgebung mit anderen Kindern spielten und wie das Leben im historischen Kochi damals aussah. In den 1950er-Jahren sind viele jüdische Einwohner von Kochi nach Israel ausgewandert. Jetzt kamen sie zurück, um den 450. Jahrestag der Erbauung der Alten Synagoge zu feiern.
Unmittelbar hinter dem Forte Kochi sind der Dutch Palace (ein anderer Veranstaltungsort der Biennale) sowie die Kolonialbauten der Briten und Portugiesen, die heute zu Hotels umgebaut sind. Ebenfalls in dieser Gegend befindet die berühmte St. Francis Kirche, die 1503 als erste Kirche von Europäern in Indien gebaut wurde. Sie diente als römisch-katholische, niederländisch-reformistische und anglikanische Kirche. Der portugiesische Seefahrer Vasco Da Gama wurde hier in 1524 beigesetzt, bevor seine sterblichen Überreste nach Portugal transportiert wurden. Zwei Gehminuten von Forte Kochi befinden sich die berühmten Chinesischen Fischernetze. Der Legende nach hat ein chinesischer Entdecker vor über 500 Jahren den Fischern von Kochi diese Fischernetze vorgestellt. Der Vasco-da-Gama-Platz ist der beste Ort, um einen großartigen Blick auf diese Bauwerke zu werfen. Hier kann man ein Fischerboot mieten und zum Vipin Fort fahren und den Sonnenuntergang am Cherai Beach zu sehen. Zum Aspinall House (dem Hauptort der Biennale) sind es nur fünf Minuten zu Fuß.
Auf den ersten Blick mag Fort Kochi wie ein Ort erscheinen, an dem die Zeit stehen geblieben ist, aber Veranstaltungen wie die Biennale für zeitgenössische Kunst haben das Leben dieser kleinen Stadt Südindiens erheblich belebt und sie zum Zentrum eines pulsierenden künstlerischen Lebens gemacht.