Im Urlaub an der Côte d’Azur feierte eine junge Pariserin ihren 17. Geburtstag. Als Geschenk verliert sie ihre Jungfräulichkeit mit einem deutschen Touristen namens Felix. Doch schon am nächsten Tag wird Felix gnadenlos aus dem Leben Isabelles verbannt. Sie selbst fährt nach Paris, wo sie – parallel zum Studium – ein neues Leben anfängt. Unter dem Namen ihrer Großmutter Lea verabredet sich Isabelle per Internet mit älteren Männern. Es folgt das Übliche: Verkleidung, Treffen in einer Bar, Nacht in einem Hotel.

Die Kunden dürfen Isabells Körper für einen Betrag von 300 EUR benutzen – genau die Summe, die das Mädchen von seinem abwesenden Vater zweimal jährlich bekommt. Das Geld scheint sie allerdings nicht zu brauchen: Sie verstaut es in ihrem Schrank, ohne einen Blick darauf zu werfen. Ihr geht es wohl eher um das Ritual des Verkleidens, das Geheimnis und ein gewisses Vergnügen. Das Leben könnte auch so weitergehen, wenn nicht ein tragischer Zwischenfall mit einem der Kunden, zur Entdeckung und Untersuchung der Freizeitprostituierenden führen würde.

Der Zuschauer darf das Leben von Isabelle ein Jahr lang – während vier Jahreszeiten – verfolgen. Auch hier zeigt Ozon seine Vorliebe für Struktur, indem er gerne durch zeitliche und musikalische Schnittpunkte die Handlung organisiert.

Obwohl der Regisseur sich mit Kriminalchroniken auseinandersetzt, um seine Story zu schreiben, zeigt diese Geschichte keine Spur von Vorurteilen oder Sozialkritik. Das schweigsam-geheimnisvolle Mädchen wird mit einer „schnüffelnden“ Kamera verfolgt und vorsichtig offenbart.

Ozon kreiert einen Tribut an die Pubertät, die er aber nicht als Idealisierung der Jugend, sondern als schmerzhafte und verwirrende Erfahrung zeigt. Er behauptet, dass Jugend keine schöne Zeit sei. Sie wird zu absoluter Desillusionierung: Der Verlust der Jungfräulichkeit wird entgegen aller Versprechen zu keiner besonders schönen Erfahrung, die Eltern sind keine Helden mehr, sondern Schwächlinge und Lügner und das Leben offenbart sich als kompliziert und schmerzhaft.

In der Hauptrolle von Isabelle brilliert die absolut unerfahrene Schauspielerin, eigentlich Top-Model, Marina Vacth. Ozon hat sie engagiert, da er findet, dass Models viel geschickte mit ihren Körpern umgehen als Profi-Schauspielerinnen.

Zum Schluss sei noch zu erwähnen, dass während der Filmpremiere in Cannes ein deutscher TV-Reporter dem Regisseur eine interessante Frage stellte, nämlich, warum es ausgerechnet ein Deutscher sei, der für die flüchtige und unbefriedigende sexuelle Begegnung ausgewählt wurde. Ozon antwortete, dass er Klischees brechen wollte, denn normalerweise würden unschuldige Französinnen Briten für diese Angelegenheit bevorzugen!

Jung & Schön

Frankreich 2013
Regie: François Ozon
Mit: Marine Vacth, Géraldine Pailhas, Frédéric Pierrot
Start : 14. November 2013
Länge: 94 Min.

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