Der britische Regisseur und Arthouse-Liebling Steven Frears will, dass der Papst als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche seinen Film “Philomena” sieht.

2004, Silvestervorabend, Party.

Den bekannten Journalisten, ehemaligen BBC-Reporter in Moskau und nun Arbeitslosen Martin Sixsmith spricht eine junge Frau an. Sie schlägt ihm ein neues Thema vor, nämlich ihre Mutter zu treffen, weil die alte Dame eine Geschichte zu erzählen hat. Ihr Erlebnis soll der Journalist dem breiten Publikum zugänglich machen. Auf die Frage, um welche Geschichte es ginge, bekommt Sixsmith folgende Antwort: Ihre Mutter wurde in einem katholischen Konvent großgezogen und mit 18 eingesperrt, weil sie ein uneheliches Kind auf die Welt gebracht hat. Die Nonnen, die solche Mädchen zu harter Arbeit zwangen, betrieben auch noch Kinderhandel und verkauften den kleinen Jungen ihrer Mutter in die Staaten. 50 Jahre behielt die Dame diese Geschichte für sich und suchte ihren Sohn – leider ohne Erfolg. Vielleicht kann sich hier etwas durch die Einmischung der Medien ändern.

Sixsmith ist skeptisch. Eigentlich beschäftigt er sich mit politischen Themen und nicht mit sogenannten „human rights stories“, die sich mit Menschenrechten auseinandersetzen. Dennoch willigt er in ein Treffen ein und schon wenige Tage später lernt er Philomena kennen, mit welcher er auf der Suche nach ihrem verlorenen Sohn Anthony nach Amerika fliegt. Während der Recherchen findet er heraus, dass Anthony – in der neuen Identität Michael Hess –ein bekannter Anwalt in den USA wurde, in der Republikanischen Partei aktiv ist und als Berater von George Bush Senior tätig ist. Außerdem ist er heimlich homosexuell und unglücklich, da er schon sein Leben lang nach seiner Mutter sucht. Im weiteren Verlauf der Handlung stellt sich heraus, dass die Gewalt und Ungerechtigkeit der katholischen Nonnen noch weiter ging.

Es handelt sich um eine wahre Geschichte, beschrieben in Martin Sixsmiths Buch “Lost Child of Philomena Lee”, das auch zum Filmstart in Deutschland als “Philomena: Eine Mutter sucht ihren Sohn” pünktlich erscheint. Deshalb will Steven Frears die Reaktion des Papstes auf die Taten seiner Bediensteten sehen.

Bis jetzt konnte man jedoch nur die Reaktion des Publikums bei der Premiere des Filmfestivals in Venedig beobachten: Die Zuschauer feierten den Regisseur und seine Crew mit stehenden Ovationen. Männer und Frauen, Filmschaffende und Kritiker verließen das Kino mit weinende oder mit verweinten Gesichtern. Leider bekam der Film in Venedig nur einen einzigen Preis für das beste Drehbuch. Judi Dench, vorzüglich in der Rolle von Philomena, muss wohl noch bis zu den Oscar-Nominierungen aushalten, wo ihre erstklassige Leistung bestimmt ausgezeichnet oder mindestens ehrenhaft erwähnt wird.

Und der Film wird unbedingt erwähnt, allein aufgrund der Tatsache, dass er von den Gebrüdern Weinstein produziert wurde, also aus dem Haus „TWC“ (The Weinstein Company) stammt. Beide hatten schon immer einen unglaublichen Riecher dafür, welche Produktionen es auf die Listen der Oscar-Nominierungen schaffen.

Philomena

Im Kino: 27. Februar 2014
UK, Frankreich, USA
Regie: Stephen Frears
Mit Judi Dench, Steve Coogan
Länge: 98 Min.

×