Fast 500 Seiten des Bestsellers „Nachtzug nach Lissabon“ von Pascal Mercier werden von Bille August in ein zweistündiges Epos über Philosophie, Schicksal, Zufall, Glaube, Liebe und ein wenig über die dramatischen Ereignisse in einem fernen Land verwandelt. Es gelingt ihm. Nicht zuletzt durch einen authentisch-subtilen Auftritt von Jeremy Irons, der im Vergleich zum Protagonisten aus der Buchvorlage aktiv und emotional an der Handlung teilnimmt.

Ein weiterer grauer und regnerischer Morgen in Bern beginnt für den Lateinlehrer Raimund Gregorius (Jeremy Irons). Wie gewöhnlich steht er auf, bereitet sich einen Tee, packt die Schulaufgaben ein und macht sich auf den Weg zur Schule. Ungewöhnlich nur, dass auf seinem Weg er auf einer Brücke eine junge Frau entdeckt.

Sie bereitet sich vor, ihren letzten Sprung ins Wasser zu wagen. Der Regenschirm des Lehrers fliegt in die eine Richtung, die Aktentasche in die andere, aber der alternde Raimund schafft es noch rechtzeitig, das Mädchen vom Geländer zu reißen. Er nimmt sie mit in seine Schule, setzt in sein Klassenzimmer und fängt mit dem Unterricht an. 

Doch die junge Frau verschwindet so plötzlich wie sie in sein Leben eintrat. Dabei vergisst sie ihren Mantel. Darin finden Raimund ein Buch des portugiesischen Autors Amadeu de Prado und ein Zugticket nach Lissabon. Die erste Idee, den Mantel zurückzubringen endet schließlich mit seiner eigenen plötzlichen Abreise nach Lissabon. Dort macht sich Raimund auf die Suche nach der geheimnisvollen und romantischen Gestalt von Amadeu de Prado. Der Lehrer erfährt, wie Amadeu lebte, liebte und starb, was ihn in seinem Leben bewegte und was damals im Land, das von der Estado Novo-Diktatur dominiert wurde geschah. 

Internationale Co-Produktionen sind heute eine beliebte Form des Filmemachens, vor allem wenn es um unabhängige Arthouse-Projekte geht. Die Drehortbestimmungen und Schauspieler kommen dementsprechend aus den Ländern, die den Film finanzieren. Deshalb ist bei dieser Produktion kein Wunder, dass die deutschen, englischen und französischen Schauspieler Englisch mit Akzent sprechen und Portugiesen nachmachen. Ein Däne wird beauftragt, die Atmosphäre und die Vergangenheit eines fernen südländischen Land wiederzugeben.

Bille August – der bereits einen Oscar gewann – schafft es jedoch, die romantische Atmosphäre Lissabons, einen Hintergrund für die historische Vergangenheit und das Leben eines mysteriösen Arztes und Philosophen zu kreieren. Auch Jeremy Irons in der Rolle eines Gymnasiallehrers fasziniert in einer Selbstfindungsreise und lässt den Zuschauer glauben, dass ein zufällig entdecktes Zugticket in einer Manteltasche sowie ein gutes Buch das Leben jeder Person verändern kann.

Im Kino: 7. März 2013

Regie: Bille August
Mit Jeremy Irons, Jack Huston, August Diehl, Mélanie Laurent, Charlotte Rampling, Bruno Ganz, Martina Gedeck
Länge: 110 Min.

×