Wenn der 82-jährige Franzose Pierre Richard eingeladen ist in einem Film die Hauptrolle zu spielen, fällt es schwer, sich ausschließlich auf die Handlung des Filmes zu konzentrieren.

Foto: ©2016 TOM TRAMBOW

Der bekannte Komiker stammt aus der Adelsfamilie Defays. Sein Vater, ein Textilunternehmer, ging aufgrund seiner Vorliebe für Glücksspiel und Pferderennen Bankrott. Deshalb schickte man den Jungen zum Großvater, dem Besitzer eines Stahlunternehmens, der allerdings eine Leidenschaft für das Theater hegte. Sein Großvater war das, was man vielleicht einen komischen Kauz nennen würde. Er schickte seinen Enkel in eine einfache Arbeiterschule, ließ ihn aber täglich mit der Limousine abholen. Die Auftritte des jungen Pierres vor Hausgästen haben zu Folge, dass er sich ins Theater und die Schauspielerei verliebte, aber auch sich schließlich mit seinem Großvater zerstritt und sein Leben der Bühne und der Leinwand widmete. Seine berühmteste Rollen sind aus den 1970-er-1980-er-Jahren, wie „Le grand blond avec une chaussure noire“ (1972), „Le jouet“ (1976), „Le Moutarde de Monte Au Nez“ (1974), „Le Coup Du Parapluie“ (1980) oder „La Chèvre“ (1981). Als er noch die Gäste seines Großvaters unterhielt, hatte er den größten Erfolg mit dem Vorlesen aus dem „Cyrano de Bergerac“.

Foto: ©2016 TOM TRAMBOW

Der jüngste Film von Regisseur Stéphane Robelin ist wohl eine moderne Version des Klassikers mit Pierre Richard in der Hauptrolle. Ähnlich wie Cyrano, schenkt Richard (Pierre im Film) seine literarischen Künste einem anderen „Hübschen und Jungen“, um die romantischen Ansprüche seiner Angebeteten zu erfüllen.

Die Geschichte von Robelin ist jedoch weniger dramatisch. Darin geht es um einen etwas depressiven Rentner, der in der Vergangenheit lebt und sich wenig um die Gegenwart kümmert, bis eines Tages seine Tochter ihm den Computerlehrer Alex vorstellt. Zuerst weigert sich Pierre, sich mit technischen Fortschritten auseinanderzusetzen, aber eines Tages entdeckt er ein Dating-Portal und damit ein aufregendes virtuelles Leben. Online lernt er eine hübsche junge Frau namens Flora kennen, die er mit seinen feinen Schreibkünsten verführt. Zum ersten Treffen schickt er allerdings den in ständigen finanziellen Nöten steckenden Computerlehrer, der dazu auch noch der Freund seiner Enkelin ist. Das weiß Pierre aber nicht. Als Pierre und Alex sich in Flora verlieben, wird der Alltag aller Protagonisten zum wahren Chaos.

Foto: Neue Visionen Filmverleih

Die Handlung des Filmes ist anspruchsvoll, elegant und flott. Alltagssituationen und humorvolle Dialoge wechseln sich ab mit wunderschönen Panoramen von Paris. Irgendwann – mitten im Film -stellte ich mir Fragen wie „Warum sind die intelligentesten Projekte meistens kleine Produktionen unabhängiger Filmemacher?“ oder „Warum schätzt der Massenzuschauer nicht authentische Schauspielerei, sondern harmlos-laute Plots wie von „Fast & Furious“?“

Schließlich erzählen solche Filme wie der von Robelin über Hürden unseres Alltags (dafür geht man nicht ins Kino, nicht wahr?), aber das spielerisch, mit viel Humor. Wäre es nicht schöner, das Ende aus einer Einsamkeit zu beobachten oder sich mit der Intoleranz einer Liebesbeziehung auseinanderzusetzen als immer nur teure Sponsorenautos explodieren zu sehen? Ich fand es toll, wie ein 80- und eine 30-Jährige Freundschaft, Liebe und Lebenslust wiedergefunden haben, sich aus unglücklichen Liebesbeziehungen befreit und das Leben schließlich im Hier und Jetzt wieder in vollen Zügen genießen.

Foto: Neue Visionen Filmverleih

Das einzige, was mir missfällt, ist die deutsche Übersetzung des französischen Filmtitels „Un Profil pour Deux“, der raffiniert auf dasselbe Online-Profil beider Männer hinweist und doch etwas Mysteriöses verspricht. Demgegenüber fällt der Titel „Monsieur Pierre geht online“, ab und vermischt unnötigerweise zwei Sprachen (war „Herr“ nicht schön genug?), klingt prosaisch, ziemlich unkreativ und verrät viel zu viel von der Handlung.

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