Es liegt etwas Schicksalhaftes darin, dass man Menschen zu Lebzeiten nicht viel Achtung schenkt, sie aber nach ihrem Tod als Helden verehrt. So war es auch mit dem bayerischen König Ludwig II. Während seines Lebens stießen seine Taten oft kontroverse Diskussionen an. Er war für seine Zeit und sein Volk viel zu romantisch, unvernünftig, verschwenderisch, verstieß gegen Sitten, war kinderlos und so weiter. Heute kommen zahlreiche ausländische Pilger und Touristen nach Bayern – oft nur aus dem einem Grund, die Geschichte des Märchen-Königs zu erfahren.

Rätsel und Legenden um seine Person haben sich nach seinem mysteriösen Tod im Jahre 1886 verbreitet. Seitdem beschäftigen sich Historiker, Politiker und nicht zuletzt Regisseure mit seiner Persönlichkeit. Eben erst drehte das Regie-Duo Peter Sehr und Marie Noëlle eine neue historische Biografie, „Ludwig II“. Die Dreharbeiten an Originalschauplätzen tragen sicherlich zur Attraktivität dieser Produktion bei.

Wir schreiben das Jahr 1864. Nach kurzer Krankheit stirbt der Wittelsbacher Fürst Maximilian II unerwartet. Er hinterlässt die Krone Bayerns seinem älteren, erst 18jährigen Sohn, Ludwig. Dieser will kein König werden. Schließlich ist er dafür viel zu romantisch und verträumt. Vielleicht wäre aus ihm ein besserer Opernregisseur geworden, denn dem jungen König liegt es mehr am Herzen, den deutschen Komponisten Richard Wagner an den Hof zu rufen, als sich mit Kriegsangelegenheiten gegen Preußen zu beschäftigen. Er will Bayern zum europäischen Zentrum der Kunst und Kultur machen, hat große Architekturpläne und will Schlösser in außergewöhnlichen Stil bauen.

Der junge König wird jedoch immer wieder in die Realität zurückgeholt: Er will Opernfestspiele veranstalten, muss jedoch einen Krieg gegen Preußen führen. Er möchte von freundlichen Untertanen verehrt werden, soll aber seinen Bruder in eine psychiatrische Anstalt sperren lassen. Er zieht männliche Gesellschaft Frauen vor, wird aber gezwungen, einer standesgemäßen jungen Dame einen Heiratsantrag zu machen. Die Unzufriedenheit seines Kabinetts wächst, als offensichtlich wird, dass Ludwig sich öfter im Theater als im Amt blicken lässt. Schließlich ist er von seiner königlichen Rolle völlig überfordert und verfällt in tiefe Depressionen, die sein kurzes Leben bis zu seinem mysteriösen Tod begleiten. 

Die 16 Millionen teure Verfilmung von Ludwigs Leben basiert in weiten Teilen auf historisch belegten Fakten und zeigt, dass es sich gelohnt hat, für Drehgenehmigungen an Originalschauplätzen zu kämpfen: Echte Schlösser, prächtige Kostüme und Ausstattung sowie luxuriöse Objekte (wie eine goldene Kutsche), die das Leben des realen Königs tatsächlich begleiteten lassen den Film authentisch wirken. Zur authentischen Wirkung trägt auch die Schauspielleistung von Sabin Tambrea, eigentlich Theaterschauspieler, der sich gekonnt gegen seine berühmten Vorgänger in dieser Rolle wie Helmut Berger oder O.W. Fischer durchsetzt.

Im Wesentlichen geht es bei der Verfilmung um die jungen Jahre des Königs, der letzte Teil, der sich mit dem 40jährigen Ludwig auseinandersetzt, beansprucht nur 30 Minuten der Filmzeit und wirkt etwas wie eine pflichtgemäße Abhandlung der letzten Lebensjahre. Obwohl der zweite Darsteller des älteren Ludwig, Sebastian Schipper, auch eine gute Leistung zeigt, kann man doch erwarten, dass die Make-Up-Techniken in der europäischen Filmproduktion fortgeschritten genug sind, dasselbe Gesicht an verschiedene Lebensphasen anzupassen.

Im Kino: 26. Dezember 2012
Ludwig II (Deutschland 2012)
Regie: Peter Sehr und Marie Noelle
Mit Sabin Tambrea, Sebstian Schipper, Hannah Herzsprung
Länge:  143 Min.

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