Wo sich “wahnsinnig reiche” Asiaten gerne aufhalten …

Zwei Stadtstaaten, zwei ehemalige britische Kolonien, zwei Häfen − Hongkong und Singapur haben viele Gemeinsamkeiten, sind aber auch Rivalen. So sieht das auch der berühmte Autor des Romans „Crazy Rich Asians“, Kevin Kwon. Hongkong ist nach wie vor führend in allen geschäftlichen Angelegenheiten. Singapur lockt mit einer Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten. Gemeinsam haben jedoch beide Städte, dass man dort eine große Liebe zu leckerem Essen entwickelt hat sowie beide Orte als Heimat reicher Familienclans in Asien gelten.

Vor einer Reise nach Singapur haben viele Reisende das Bild des legendären Marina Bay Sands mit den berühmten drei Türmen und dem Infinity-Pool vor Augen, der einen atemberaubenden Blick auf das Geschäftszentrum bietet. Das Hotel ist jedoch ein Produkt des amerikanischen Unternehmens Las Vegas Sands Corporation, dem alle berühmten Casinos in US und Macau gehören.

Die Ansicht dieses Hotels im Film „The Crazy Rich Asians“ basierend auf dem gleichnamigen Roman von Kevin Kwon, ist also nur ein Werbegag. Die asiatische Elite zieht es vor, sich gegenüber niederzulassen – entweder im The Fullerton Hotel (The Fullerton und The Fullerton Bay) oder im The Raffles Hotel. Das zentrale neoklassizistische Gebäude des Fullerton steht unter Denkmalschutz. In den 1870er Jahren war hier ein zentrales Postamt, später eine Industrie- und Handelskammer und anschließend fand ein Elite-Club sein Zuhause.

Clifford Pier bei Andre Fu im The Fullerton Bay

Innerhalb des The Fullerton Bay ist heute das französische Restaurant The Clifford Pier der beliebteste Ort, das vom berühmten Designer Andre Fu renoviert wurde. Die Innenräume spiegeln die Poetik des kolonialen Erbes wider, die an die Stammplätze der Einwanderer in den 1930er Jahren erinnert. Die alten Möbel sind auf einem glänzenden Eichenboden platziert. Eine zehn Meter hohe Glaswand erhellt den Raum und bietet einen herrlichen Blick auf die Bucht.

In der Nähe befindet sich The Raffles Hotel, benannt nach dem Gründer von Singapur. Es gibt mindestens ein Dutzend Cafés und Restaurants in diesem marmorweißen Kolonialstil-Gebäude in zentraler Lage inmitten des Geschäftsviertels von Singapur. Unter den berühmtesten Restaurants befinden sich der Tiffin Room, die Writer’s Bar und die legendäre Long Bar, die auch heute noch von Gästen aufgesucht wird, um den legendären „Singapore Sling“ zu probieren. Das Getränk wurde einst von dem Barkeeper Njiam Tong Bun aus Hanyang unter dem Deckmantel eines „Fruchtgetränks“ (mit Gin) für britische Damen kreiert, die keinen Alkohol in der Öffentlichkeit trinken wollten. Zum Cocktail werden Erdnüsse serviert, deren Schalen nach der Tradition der ersten Besucher, chinesischer Händler, direkt auf dem Boden landen. Selbst wenn es Ihnen nicht gefällt und Sie die Schalen auf Ihrem Tisch anhäufen, kommt ein verspielter Kellner vorbei und schüttet alles auf den Boden.

Das vor drei Jahren fertiggestellte The South Beach-Project fällt vor allem durch originelle Bauten und namhafte Entwickler auf. Es besteht aus vier historischen Gebäuden mit zwei daran angebrachten Türmen auf der 34. und 54. Etage. Der wellige Baldachin und die hinteren Metallrohre, die sich über das gesamte Ensemble erstrecken, wurden vom Architekturbüro von Norman Foster entworfen.

South Bay bei Norman Foster

Hier gibt es ein Hotel, Apartments, Büros, Einzelhandelsflächen und Clubs. Philippe Starck war für die Inneneinrichtung verantwortlich. Der Bankettsaal „Forest of Lights“ mit 11250 Röhrenlampen, die sich wie Eiszapfen von der Decke bis zu den Tischen erstrecken, sieht besonders originell aus.

“Forest of Lights” bei Philippe Starck

Ein anderes Projekt von Foster und seinem Büro ist das Capella Hotel auf Sentosa Island, wo das berühmte Treffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un stattfand. Das Gebäude ist eine komplexe Mischung aus Kolonialstil und moderner Architektur. Einer der beliebtesten Treffpunkte ist das Cassia-Restaurant, in dem Trump und Kim Yong Un zu Abend gegessen haben. Das Interieur wurde von Andre Fu gestaltet.

Cassia-Restaurant in Capella Hotel

Die Farbpalette besteht aus Flieder und Mineralgrau, für die Dekoration wurden dunkler chinesischer Lack und Bronze gewählt. Bemerkenswerte dekorative Elemente sind von Schmetterlingen inspirierte Lampen aus gravierter Bronze, die dem Innenraum eine mystische Note verleihen. Eine offene Treppe ist der Installation des japanischen Künstlers Tomoko Sawada gewidmet. Es führt zu einem Wasserbecken und einer architektonischen Mauer, entlang der Sie spazieren gehen können.

Zu einem abendlichen Spaziergang durch Singapur läuft man entlang des Robertson Quay. Im späten 19. Jahrhundert befanden sich hier Schiffswerften und Lagerhäuser. Heute gilt der Robertson-Damm mit seinen schattigen Ecken, Alleen, Designerbrücken sowie einer großen Auswahl an Restaurants und Boutique-Hotels als Zentrum des Nachtlebens.

Beast & Butterflies bei Philippe Starck für M Social

Beast & Butterflies gehört zu den elegantesten Einrichtungen und ist ein weiteres Projekt von Philippe Starck. Der für sein technologisches Engagement bekannte Designer schmückte die Tische des Hauses mit flackernden Farbbildschirmen. An einer der Wände platzierte er zahlreiche Fotos, die eigentlich iPads sind. Während des Frühstücks bereiten Menschen und Roboter gemeinsam Omeletts und Rührei. Das Restaurant ist Teil des M Social-Komplexes, ein Gebäude, das ein Hotel und ein Veranstaltungszentrum für Mode beherbergt. Die Innenräume sind auch voller lebhafter Farben, Ornamente und bizarrer Formen nach dem Vorbild von Starck.

Singapur ist berühmt für seine Lebensmittelmärkte. Einer von ihnen ist der historische Lau Pa Sat (18 Raffles Quay). Dieses Viertel ist bekannt für seine engen Gassen und Kolonialhäuser, die geschickt mit moderner Architektur verwoben sind. Eines der bemerkenswerten Beispiele für eine solche Umwandlung ist das Naumi Hotel, das in einem restaurierten Herrenhaus aus dem späten 19. Jahrhundert Heimat fand. In seinem Interieur herrscht eine wilde Mixtur aus italienischen Designermöbeln und zeitgenössischer Kunst amerikanischer und französischer Künstler. Eine elegante Suite ist ganz in schwarzweiß gehalten und nach Coco Chanel benannt. Die Andy Warhol- Suite ist voller Farben und Formen.

Andy Warhol Suite in Naumi Hotel

Im Gegensatz zur „Löwenstadt“ Singapur ist die „duftende Bucht“ Hongkong viel kleiner, beherbergt jedoch 65 % mehr „wahnsinnig reiche“ Asiaten: neun der 50 reichsten Familien in Asien leben dort. Der Lebensstil der Hongkonger Elite wird ebenfalls in Kwons Romans liebevoll beschrieben. Das Leben in diesem Teil der Welt scheint voller gesellschaftlicher Ereignisse und Mode-Fotoshootings für die Titelseiten von Hochglanzmagazinen zu sein. So ist es auch. Hongkong gilt schließlich als Finanz- und Geschäftszentrum Asiens. Hier sind die Büros der großen Finanzmogule, Büros von Architekten, Designern, zahlreichen Werbeagenturen und Modeagenturen. Hongkong hat seine eigene Marina Bay Sands, nämlich das Four Seasons Hotel. Wenn Sie sich von Kowloon der Insel nähern, fällt dieses mächtige dunkle Gebäude sofort ins Auge. Die Dachterrasse mit Außenpool bietet eine herrliche Aussicht auf den Victoria Harbour.

Das älteste in der Welt Mandarin Oriental Hotel in Hongkong

Die einheimische Elite schaut sich hier jedoch das französische Restaurant Caprice nur an und zieht es vor, sich zum Abendessen und Tee im Mandarin Oriental, Hongkongs erstem Wolkenkratzer-Hotel aus dem Jahr 1963, zu treffen. Zwei Jahrzehnte später überragen ihn die Wolkenkratzer der Banken: Das bambusförmige Hauptquartier der Bank of China, ein Symbol für die Macht und den Wohlstand der britischen Kolonie, das HSBC-Hauptquartier ist höher. Aber das Mandarin Oriental mit seinem nostalgischen Interieur und der Clipper Lounge, die auch als “City Lounge” bezeichnet wird,  ist den Hongkongern immer noch heilig. Lokale Geschäftsleute kommen hierher zum Frühstück, Prominente zum Nachmittagstee.

Clipper Lounge in Mandarin Oriental

Die Innenräume wurden kürzlich restauriert und kombinieren aufwändige orientalische Dekoration (chinesisches Porzellan, Teakholzplatten, Blumenarrangements) und technologische Raffinesse. Ein weiteres legendäres Hongkonger Hotel, das für seine Teepartys bekannt ist, ist in Kowloon das The Peninsula. Die „Grande Dame des Fernen Ostens“ wurde 1928 von der Familie Bagdad Kaduri gegründet, um reiche Europäer zu empfangen, die mit der Transsibirischen Eisenbahn am Bahnhof Kowloon ankamen. Ein weiteres beliebtes Lokal ist das Spring Moon Restaurant, das die Atmosphäre der 1920er Jahre nachahmt.

Spring Moon Restaurant in The Peninsula

Hier wird kantonesische Küche serviert und spezielle Teesorten sind erhältlich. Wie die Helden des Romans „Reiche Asiaten“ speisen die Gäste nicht nur in teuren Restaurants, sondern besuchen auch eifrig Lebensmittelzentren wie die Temple Street in Hongkong, wo Reis mit frischen Meeresfrüchten in Tontöpfen serviert wird.

Sky Bridge in The Upper House

Hongkong ist reich an monströsen Wolkenkratzern und hat sie anscheinend satt. Die  Reichen bevorzugen heute Boutique-Hotels wie das angesagte und von Andre Fu entworfene The Upper House. Das Interieur ist in einem ausgewogenen Zen-Stil gehalten: Bambus, Naturholz, weiche Wollstoffe, Leder. In den Badewannen finden Sie Skulpturen und Werke der modernen Kunst. Ein interessantes Detail: im Aufzug gibt es keinen Knopf „Tür schließen“, denn in Hongkong ist man  immer in Eile. Ein weiteres Boutique-Hotel, The Olympian, gehört zu derselben Hotelkette wie The Fullerton in Singapur. Die 43-75 m2 großen Zimmer gelten als Luxus im engen Hongkong und sind mit glänzendem Parkett, ägyptischen Bettwäsche und Küchenzeilen ausgestattet und überblicken die azurblaue Victoria Bay samt einer Promenade mit kleinem Park.

The Olympian Hongkong

Hongkong und Singapur waren immer schon Feinde, in ihrem Verlangen nach Luxus, in ihren kulinarischen Vorlieben, in ihrer Obsession für modisches Design und vor allem wegen der Bindungen zwischen den „wahnsinnig reichen“ Asiaten. Doch stellt es sich heraus, dass sie sich in Wirklichkeit näher sind als gedacht. Das bestätigte auch Kevin Kwon in seinem Roman, welcher starken Anstoß für das gestiegene Interesse und den Besuch der Region bot.

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